Australien Brief 2

24. Januar 2005

Montag, 24. Januar 2005


Backen im Outback



Liebe Freunde


Nun  sitzen wir hier an der Westküste von Australien (irgendwo zwischen Perth und Broome) und studieren jeder für sich an einem Buch über Japan….Ja, richtig, Japan steht vor der Türe und unser Wissen über Japan ist so gross wie unser Wortschatz in Japanisch – sayonara!


Dabei steht Australien eigentlich noch immer unsere ungeteilte Aufmerksamkeit zu.


Man muss ja nur aus dem Camper aussteigen und schon drohen bei Unachtsamkeit die wildesten Abenteuer! Von acht Schlangen, die unsere Wege bisher kreuzten, waren ganze fünf hier in Australien! Und davon konnten wir nur zwei namentlich mit unseren Tierbüchern identifizieren – es gibt einfach eine zu grosse Menge an verschiedenen Schlangenarten hier in Australien und dazu auch noch die Giftigsten der Welt. Und da es pro Quadratmeile in Australien ganze 6 Einwohner gibt (Zum Vergleich: in den USA sind es 71 – und das ist schon ein halb leeres Land), ist die Chance, dass man nach einem tödlichen Biss nie gefunden wird ja riesig!


Aber ich greife vor. Nur noch das als kleine Randbemerkung:


Ja, wir lieben unterdessen Australien. Was uns ja bekanntlich nach der Ostküste etwas schwer fiel, gelingt uns hier nun nach dem Outback spielend.


Zur Route:


  • Tasmanien (ganze Insel im Uhrzeigersinn einmal rundherum)
  • Melbourne, Great Ocean Road, Grimpy NP, Adelaide, Flinders Range, Oodnadatta Track, Cooper Pedy, Ayers Rock, Olgas, Kings Canyon, Outback Track nach Hermansburg, Palm Valley, Alice Springs.
  • Flug nach Perth.
  • Von Perth in den Süden bis Albany inkl. Bunbury und Margreth River, Top Tree, Valley of the Giants.
  • Von Perth in den Norden bis Karijini NP, inkl. Kalbarri, Shark Bay, Monkey Mia, Coral Bay.


Zu Tasmanien:


Tasmanien war ein Blitzentscheid. Eigentlich nicht geplant – aber nie bereut!

Wir entscheiden uns ganz spontan in Christchurch am Flughafen beim Einchecken, dass wir definitiv auch noch Tasmanien sehen müssen. Also haben wir uns einen Anschlussflug von Melbourne nach Hobart und zurück gekauft – für nur 200.-NZ$ - günstiger kommen wir da nie mehr hin.


In Tasmanien haben wir uns dann einen alten Daewoo 1,3l gemietet – handgeschaltet aus Gründen des Budgets. Monika „bewilligte“ mir keinen Automatikwagen, denn der wäre 15.-/Tag teurer gewesen. Ja es war mein erster Rechtsgesteuerter mit Handschaltung! Und ihre Begründung, ich müsste ja auch noch üben, denn später geht’s ja auch nicht mit einem 4WD mit Automatikgetriebe durchs Outback, stimmte ja!


Schlussendlich gings dann eigentlich doch sehr gut.


Viele Strassen sind Schotterpisten, die aber mit einem Kleinwagen durchaus machbar sind, sofern man über die „Wellblechoberflächen“ genug schnell fährt. Ab und zu vergriff ich mich zwar mit der Gangschaltung und legte bei Bergfahrt statt dem zugkräftigen Dritten bei 50 km/h schon mal den ersten Gang ein. Wir dachten dann jeweils das Getriebe mit samt dem Motor fliegt uns gleich um die Ohren und auch die in der Hitze dösenden Wallabies und Wombats hüpften erschreckt (oder eventuell aus Neugier?) unter den Eukalyptusbäumen hervor. Ich, für meine Person, würde auf jeden Fall nie eine Autovermietung in Tasmanien eröffnen!


Die Landschaft selbst ist wunderschön und sehr abwechslungsreich. Wir empfanden es als eine Mischung von Neuseeland und Australien, wenn es auch geologisch klar ist, dass es vom Mutterland Australien abgebrochen ist. Leider werden auf Tasmanien Wälder abgeholzt, wie die Neuseeländer ihre Schafe scheren! Das Resultat sieht logischerweise erschreckend aus. Australien ist, abgesehen von der Antarktis, der am wenigsten bewaldete Kontinent und trotzdem der Welt grösste Exporteur für Holzspäne! Ich bin natürlich kein Fachmann, aber die Diskrepanz ist doch offensichtlich. Dass das auch so weitergeht, haben die Tasmanier mit ihrer Wahl im November nochmals bekräftigt.


Dazu kurz diesen Exkurs. Mr Latham (Labour), der Gegenkandidat des heutigen Ministerpräsidenten, hat kurz vor den Wahlen einen Plan vorgelegt, welcher zusätzlichen Schutz des tasmanischen Waldes fordert. Unter Anderem wurde aber genau dieser ihm zum Verhängnis und er verlor die Wahl in Tasmanien (das zuvor Labour orientiert war) als auch in ganz Australien. Somit behält Australien auch in Zukunft die Position Nr.1 weltweit im Export von Hobelspänen und Tasmanien verliert weiterhin seinen uralten Wald…!


Gehet hin, solange er noch steht…


Zur Bevölkerung Australiens:


Australier sind eben Australier. Eine Mischung aus aller Herren Länder mit einem offenen Herzen, einem eigenen Humor, und viel britischem Blut in ihren Adern – gemischt mit Bier.


Etwas über die Aborigines zu schreiben, fällt mir schon schwerer.


Am Eigenartigsten ist, dass die Aborigines für Reisende eigentlich gar nicht da sind. Man sieht sie nicht im Fernseher und begegnet ihnen kaum in den Verkaufsläden oder auf den Strassen. Wir haben keinen einzigen arbeitenden Indigenen gesehen. Sie machen aber 1,5% der Bevölkerung aus und leben hauptsächlich in den ländlichen, sehr heissen Gebieten in ihren Reservaten (das Northern Territorium hat z.B. einen Anteil von über 20%!). Dort dürfen sie dann von Gesetzes wegen keinen Alkohol konsumieren (…) und kommen dafür in die Stadt, wo man sie dann betrunken in den Parks herum sitzen sieht.


Einmal im Outback wurden wir von einer Aboriginalfamilie gestoppt. Wir stoppten, wie wir für jeden in der Wüste stoppen würden, und wurden um 10$ für Benzin gebeten – die Tankstelle war weit, weit weg. Nun, im Outback hatten wir aber immer mindestens 40l Benzin in unseren Reservekanistern dabei und boten ihnen davon unentgeltlich gerne etwas an. Das wollten sie dann aber auch nicht.


Wahrscheinlich (es war abends) war ihr Tank schon randvoll mit gesponsertem Benzin. Sie insistierten in die 10$! Meine Frage „do you have a fuel problem or a money problem“ irritierte sie dann ziemlich und wir fuhren weiter. Einem deutschen Paar, Jeannette und Björn, die uns im Outback auf den schönsten Tracks begleiteten, passierte Ähnliches und sie rapportierten dies bei der nächsten Tankstelle. Dort fragte der Tankwart nur „white or black men?“ und meinte: „we never stop for aborigines!“.


Irgendwo hakt es gewaltig in Australien mit den Ureinwohnern und den heutigen Aussies.


Zum Ayers Rock:


Wenn man endlich bei dem weltgrössten Monolithen der Welt im Outback ankommt, hat man ihn schon fast über. Es verging in Australien fast kein Tag, wo wir ihn nicht auf Prospekten, Karten, etc. gesehen hätten. Er begleitete uns täglich. Es war als würden wir etwas Altbekanntem bald gegenüber stehen. Und dann sieht man ihn und ist wie gebannt! In dieser gewaltigen Leere des Outbacks steht er mit Würde – ja, Ausstrahlung. Jeder Kilometer bis hierher hat sich wirklich gelohnt! Und zwar nicht nur wegen dem Felsen!


Auch die Reise dahin war ein Erlebnis! Auf dieser Strecke (Melbourne, Adelaide, Flinders Range, Oodnadatta Track, Cooper Pedy, Ayers Rock, Kings Canyon, Merediite Track, Palm Valley, Alice Springs) hatten wir uns einen „Macho-Karren“ (Zitat Monika) gemietet. Ein „Macho-Karren“ ist ein 4WD-Bushcamper Marke Toyota Hilux, ein Pick-up mit aufgesetztem Wohnraum, der nichts hat, was das Leben komfortabler gestalten könnte und doch alles hat, um das Überleben zu garantieren.


Das heisst: riesige Wasserkapazitäten, dasselbe für Diesel, Schaufeln, Abgasschnorchel für Wasserdurchquerungen, Wagenheber, Airbags, welche am Autoauspuff mittels Autoabgase auch als Wagenheber funktionieren sollten (wir haben es probiert – es hat natürlich nicht geklappt!) und wenn alle Stricke reissen, auch noch einen Notpeilsender, der via Orbit auf Knopfdruck Alarm schlägt und uns eine Suchmannschaft zur Rettung losschicken würde!


Wir haben fast alles gebraucht – mit Ausnahme des Peilsenders!


Den Wagenheber – zwecks Radwechsel, weil ein Stein mit durchschlagendem Erfolg die Mitte unseres Pneus suchte (und wir dann folglich mitten im Outback sogar zwei neue Pneus für über 400$ auf Kosten der Vermieter erstanden. Laut Mechaniker waren eigentlich alle Reifen höchstens noch Sandtauglich).


Die Schaufeln, weil ein Wenden am Sandstrand unweigerlich ins Meer oder in die Dünen, für was ich mich dann entschied, führte. Da steckten wir dann schlussendlich so tief drin, dass wir befürchteten von der kommenden Flut im Meer versenkt zu werden, bevor wir den Bushcamper wieder flott bekämmten! So schaufelte ich wie wild, während Monika ganze 13km am Strand zurücklief um Hilfe zu holen und alles schön unter Zeitdruck, da wir nicht mit Sicherheit wussten, wann die Flut unser Auto unter Wasser stellt. Dass Monika dabei noch einer 2m langen Wasserschlange am Strand begegnete, gehört halt einfach zu Australien und rundete das Abenteuer zusätzlich ab!


So ich könnte Geschichten an Geschichten reihen und dies wird erst am letzten Tag hier enden. Nur noch dies: die Eingangs erwähnten gesichteten Schlangen haben sich auf total 10 erhöht, davon 7 in Australien. Die Grösste: Olive Python, 4m, ungiftige Würgeschlange, in einer Schlucht im Karijini National Park; die Schönste: junge Carpet Python, 50cm, ungiftig, wunderschönes Muster (aber halt immer noch eine Schlange…) – versteckt im Gebälke einer Damentoilette!)


Jeder Schritt in Australien muss achtsam sein und der Natur gilt ungeteilte Aufmerksamkeit – dann könnte man Bücher schreiben über Känguruhs, Wallabies, Wombats, Schlangen, Spinnen. Mantas, Delfine, Waale, Pinguine, Dugongs, Tasmanische Devils, Kakadus,….


So, am 25. Januar fliegen wir nun nach Tokyo und werden Japan im Winter für ca. 10 Tage bereisen. Danach folgt Hongkong, evtl. Hinterland von China nach Singapur. Nach der Tsunami Katastrophe wissen wir noch nicht, wie die Reise in Malaysia, Thailand und Indochina weitergehen wird – wir warten die Meldungen der einzelnen Länder ab. Wir denken, dass diese Länder trotz allem und gerade deswegen wieder Touristen und Travellers benötigen, die kommen und die Hoffnung geben, dass das Leben weiter geht. Wir werden aber sicher nicht die Westküste Thailands besuchen – denn das war noch nie unser Plan gewesen, sondern uns mehr auf das Ostchinesische Meer bei Malaysia konzentrieren…


Seid alle herzlich gegrüsst


Daniel & Monika