japan Brief

16. Februar 2005

Mittwoch, 16. Februar 2005


Land der leisen Töne


 

Liebe Freunde,


Wenn am Flughafen beim "Baggage claim" alle Koffer auf dem Förderband mit den Traggriffen auf die wartenden Menge ausgerichtet sind, wenn der Buschauffeur vor der Abfahrt sich vor seinen Gästen höflich verneigt und sich bedankt, dass man mit seiner Firma vom Flughafen in die Stadt fährt - dann ist man in Tokyo gelandet!


In Australien hatten wir zuvor stundenlang geplant, verworfen und wieder neu geplant, ob wir geführt mit einer Gruppe durch Japan reisen sollten oder ob wir es auf eigene Faust wagen wollten. Die Preise für die geführten Japantouren waren gesalzen, dafür wäre aber ein Erfolg gesichert. Da wir uns aber bereits im achten Monat unserer Weltreise befanden, entschieden wir uns, das Land selbständig zu bereisen, "bewaffnet" mit einem Generalabonnement der japanischen Eisenbahn für 7 Tage.


Geplant hatten wir insgesamt 10 Tage für den Süden Japans (schliesslich bereisen die Japaner bekanntlich ganz Europa in 7 Tagen) und führten dies schlussendlich auch so durch. Wir hatten vor allem in finanzieller Hinsicht so unsere Bedenken: Japan ist bekannt für sein sehr hohes Preisniveau.


Dazu können wir heute nach unserer Erfahrung folgendes sagen: die Preise sind für Stadthotels meist gewaltig (ab ca. sFr. 350.-). Da wir aber in der Nebensaison unterwegs waren und durchwegs durchs Internet unsere Hotels gebucht hatten, bekamen wir 4-Sterne Hotels für rund sFr. 120.-. Dies war für unsere Reise eher (zu)teuer, aber für das Gebotene sogar noch günstig. Diese Hotels würden von der Lage und vom Service her in Europa als 5-Sterne Hotels betrachtet werden - wobei gesagt werden muss, dass in Europa ein so hohes Niveau im Bereich der Dienstleistung kaum mehr erreicht werden kann. Kreditkarten werden zum Beispiel in Japan immer nur mit beiden Händen empfangen und auch mit beiden Händen zurück gereicht - ein Zeichen der Hochachtung! Kaum betritt man die Eingangshalle, eilt einem ein Livrierter bereits entgegen und liesst einem den Wunsch von den Lippen, oder entreisst einem hilfsbereit das Gepäck. Von den vielen Verneigungen ganz zu schweigen.


Andere Kosten befinden sich etwa auf dem Niveau von schweizer Städten mit allen Eskapaden nach oben wie nach unten. Die Preise fürs Essen z.B. sind absolut o.K., Sushi für zwei Personen sind für ca. sFr.20.- zu haben und nur das japanische Fleisch ist sogar noch teurer als in der Schweiz. Und wenn man nicht gerade "Labelverrückt" wie die Japaner ist und man auf Einkaufstour nach Japan geht, befinden sich die weiteren Ausgaben im selben Rahmen, wie wenn man eine Reise für 10 Tage nach Zürich machen würde...nur wer würde dies auch tun....????


Unsere Route:

Tokyo, Hiroshima, Miyajima Island, Okayama, Himeji, Kyoto, Nara, Nikko.

 

An den ersten Tagen in Tokyo galt es für uns zuerst einmal U-Bahn "fahren zu lernen", japanische Luft zu schnuppern, alles Essen auszuprobieren und erste Erlebnisse/Benimmregeln zu sammeln.


Die U-Bahn: jeder Japaner beherrscht den Sekundenschlaf. Kaum in die Metro eingestiegen, setzt er sich hin - so Platz vorhanden - und schliesst sofort seine Augen - weg ist er! Und das zu jeder Tageszeit! Wer nicht schläft, fällt auf! Es ist immer "mucksmäuschenstill" in der U-Bahn, Handys müssen ausgeschaltet sein und gesprochen wird kaum. Dasselbe gilt übrigens auch in den Hochgeschwindigkeits-zügen (Shinkansen). Man hört nur den Wind rauschen.


Die Orientierung mit Metro und Shinkansen ist einfach, es ist immer alles in zwei Schriften angeschrieben - fast immer - und die Züge verlassen mit schweizer Pünktlichkeit den Bahnhof. Fährt er zur angegebenen Zeit nicht ab - sitzt man im falschen Zug!

 

Ansonsten kann gefragt werden (obwohl nur sehr wenige Japaner englisch sprechen (wirklich sehr, sehr wenige!)). Aber dafür ist der Japaner sehr hilfsbereit.


Auf von uns gestellten Fragen in englisch, wurde auf japanisch geantwortet und es entwickelten sich sogar kleine Gespräche - unterbrochen von jeweiligen kurzen Verneigungen - und wer immer beiden Sprachen mächtig wäre, könnte sich dabei wohl biegen vor Lachen.


Der Japaner sagt im Zweifelsfall immer hai(=ja), das ist freundlich und zuvorkommend. Und der Einfachheitshalber haben wir dies mit der Zeit auch übernommen: in einem Restaurant z.B. wurde ich gefragt, ob ich lieber dicke oder dünne Nudeln hätte - auf japanisch, natürlich. Meine Antwort war stereotyp: "hai, hai", untermauert mit einem selbstbewussten Lächeln! Ein Englisch sprechender Japaner vom Nebentisch klärte mich dann amüsiert auf, dass ich etwas auswählen sollte.... jedenfalls war das Essen auch hier sehr gut. Übrigens haben fast alle Restaurants in ihren Fenster ein Display ihrer Menüs (in Plastik gegossen ....!) und nicht etwa für uns Touristen, nein, sondern für sich selbst. Das vereinfachte aber für uns vieles, denn wenn gar nichts mehr ging, nahmen wir den Kellner mit nach draussen vors Fenster und zeigten ihm was wir gerne hätten, denn englische Speisekarten sucht man hier teils verständlicherweise vergebens.


In Tokyo haben wir dann einen meiner lang gehegten Wünsche erfüllt: den Fischmarkt zu besuchen. Tokyos Fischmarkt ist einmalig auf der Welt, riesengross, hektisch, faszinierend! Ein "Must-see"! Es ist einfach unglaublich, was die Japaner so alles aus den Weltmeeren raus holen. Es ist interessant, all die Fische, Muscheln, Seegurken etc. anzuschauen, welchen man selbst beim Tauchen noch nie begegnet ist - und sie nicht essen zu müssen! Und schon gar nicht um 05.00 Uhr morgens, als wir da waren. Aber da die Lebend-Fisch-Auktionen so früh am Morgen abgehalten werden, mussten auch wir so früh da sein (zum Ärger von Monika, die um diese Zeit noch keinen Kaffee bekommen hatte und noch nicht so richtig wach war). Gut dabei ist aber auch, dass die eigenen (Geschmacks-)Nerven um diese Zeit noch nicht so wach waren....

 

Ansonsten war Tokyo wie eine der vielen anderen Weltgrossstädte, nichts umwerfendes - ausser, dass die grossstadt-typische Hektik fehlt. Die Japaner drängeln nie, sind steht's zuvorkommend und lassen einem im Zweifelsfall immer den Vortritt, das gibt dem Ganzen doch eine gewisse Einmaligkeit!

 

Die Landschaft zwischen den Städten südlich von Tokyo ist in etwa so überbaut, wie bei uns in der Schweiz und erinnerte es uns sehr an unsere eigene Heimat.


Unterschiede fanden wir im Dachstil der Häuser und den überall vorhandenen Orangenbäumen. Von den Shinkansen-Zügen aus sieht man jedoch nicht allzu viel - nicht wegen den hohen Geschwindigkeiten - sondern wegen der Sitztiefe und den Zäunen und Wänden, die zur Sicherheit die Gleise beidseits flankieren. Die hohe Geschwindigkeit ist hauptsächlich dann beeindruckend, wenn ein Shinkansen mit 300 km/h durch einen Bahnhof fährt in welchem man selbst auf dem Perron steht und auf einen Zug wartet...!! Unglaublich!

 

Die vielen Tempel und alten Burgen sind alle wunderschön und wir fanden sie durchwegs sehr beeindruckend! Dass wir noch etwas in der Winterzeit dort waren, war den japanischen Gärten nicht abträglich. Ausser Kirschen-, Zwetschgenbäume und Kamelien (die schon die ersten, zaghaften Blühten trieben) gibt es in japanischen Gärten eh nicht sehr viel blühende Blumen und Sträucher, er besteht vor allem aus immergrünen Pflanzen. Dass wir in Kyoto dann noch richtig in den Schnee kamen (10 cm über Nacht) verlieh den Tempeln hier und danach in Nikko noch zusätzlichen Charme (siehe Fotos).


Etwas ganz Spezielles erlebten wir aber dann doch noch: Wir verbrachten eine Nacht (unseren Hochzeitstag/Nacht) in einem Ryokan in Kyoto.

Dies ist ein typisches, japanisches und sehr traditionelles Hotel. Manfred, ein Amerikaner, den wir auf Hawaii kennen gelernt hatten, empfahl es uns als "unbedingt machen"!

Und hier ist dann wirklich gar nichts mehr in lateinischer Schrift angeschrieben und es wird auch nichts getan, damit sich ein westlicher Mensch "daheim fühlt". Es war für uns hochspannend, wenn auch nicht wirklich "relaxend", denn wir wollten ja nicht unbedingt in jedes Fettnäpfchen treten – und glaubt' es uns, es sind deren viele, denn alles hat seinen Ablauf, seinen Platz, seine Tradition....


Unsere Strassenschuhe durften wir bereits an der Rezeption beim Check-In abgeben. In unserem Zimmer hatte es ein Ikebana-Gesteck, einen TV, einen Tisch mit ca. 30 cm Höhe, zwei "Stühle", die eigentlich eher zwei Sitzkissen mit einer Rückenlehne und einer flexiblen Armlehne waren, und einer Lampe. Das Ganze wurde von einem japanischen Kirsch-Blüten-Bild abgerundet. In unserem Zimmer assen wir dann auch zu Abend, nachdem wir aber zuerst ein japanisches Bad "genossen" hatten. Krebsrot sassen/hockten wir dann am Tisch und fragten uns, wie wir das unheimlich heisse Bad eigentlich überstanden/-lebt hatten....


Eine traditionell gekleidete Angestellte servierte uns dann einen Gang nach dem anderen, im ganzen neun Gänge, immer in kleine Schälchen, so etwa im 10 Minutentakt... und wenn wir dann wissen wollten, was uns denn da (zu 90%) Köstliches vorgesetzt wurde, folgte dann auch ein herzhafter Versuch in Englisch: "these are japanese mountains!" - Wir vermuteten es waren wohl Pilze! Die Fischinnerei, die aussah, wie ein zusammengerollter Darm und uns von der Serviererin als "fish" und dabei eine Hand auf dem Magen legend beschrieben wurde, war dann eher den 10% schwer Geniessbaren zuzuteilen. Ebenfalls zu diesen 10% zählten wir den ganzen Fisch, der uns am anderen Morgen zum Frühstück gereicht wurde (Foto). Als wir dann schlafen wollten, wurde der Tisch in eine Ecke gestellt, und zwei Futons wurden an dessen Stelle gelegt...Wir schliefen übrigens trotz den "Mountains" und "fishes" göttlich....


Wer sich unser Zimmer anschauen möchte, hier der entsprechende Link .

 

Alles in Allem durften wir hier viel erleben und haben viel gesehen. Mit den Shinkansen zu reisen ist ein Erlebnis und man kommt schnell von einer Grossstadt zur anderen. Trotzdem haben wir ja nur den Süden Japans bereist und 10 Tage haben uns definitiv nicht gereicht. Es schreit nach mehr!! Japan werden wir auf jeden Fall irgendwann wieder einmal besuchen. Das Schnuppern war erstmals ein voller Erfolg!

 

Nun werden wir voraussichtlich über Hong Kong, Singapur und Malaysia zu unserem letzten Flug "Bangkok-London" weiterreisen.


In Hong Kong und Macau werden wir "Chinese-New-Year" feiern und dann wird es für uns wohl immer ruhiger, bis wir nur noch Schnorcheln und Tauchen werden (müssen auch mal ein wenig Ferien machen).

 

Ab dem 5. April werden wir dann wieder zu Hause sein. Die Tage sind also gezählt. Wir freuen uns jetzt schon darauf wieder bekannte Gesichter zu sehen und Euch alle mit unseren Ferienfilme und -photos zu überhäufen.


Wer also einen engen Terminkalender hat, darf sich bei uns schon 'mal selber einladen und uns seinen Wunschtermin bekannt geben!


Herzliche Grüsse 


die Weltreisenden Daniel & Monika