kalte landschaften

Liebe Freunde                                                                                          

 

Wir schreiben nun das Jahr 2009 - nicht aber so in Japan, hier sind wir nämlich im Jahre 21 des Heisei. Denn hier fängt die Zeitrechnung mit jedem Kaiser neu an, somit

bin ich im Jahre 39 des kaiserlichen Vorgängers Showa geboren.

(Dies gilt übrigens gesetzlich erst wieder seit dem 6. Juni 1979!)

 

Es herrscht Winter. Wenn ich aus Fenster blicke, sehe ich, dass es schneit, übrigens eine Seltenheit in Tokyo, aber es herrscht auch sonst hier Winter, nicht nur was die Jahreszeit betrifft, doch dazu später....

  

Unser Winter in der Schweiz

 

Über Weihnachten / Neujahr genossen Monika und ich drei Wochen die Schweiz!

 

Wir haben unsere Familien und viele unserer Freunde gesehen und möchten hier nochmals die Gelegenheit nutzen, uns für die vielen Einladungen, die wir erhielten und über die wir uns sehr gefreut haben, ganz herzlichst zu bedanken!

 

Während dieser Zeit gaben uns Maisprach, mit seine liebenswerten Einwohner, unsere Freunde und unsere Familien auf vielseitige Weise zu verstehen, dass wir vermisst wurden und unsere beiden Arbeitgeber machten sich bereits erste Gedanken, wie sie uns in der Schweiz nach unserer Rückkehr wieder beschäftigen könnten....ja, wir wundern uns auch.

 

Trotz diesen uns entgegengebrachten Sympathien, entdeckten wir überraschenderweise, dass die heimatliche Luft für uns „ihr Belebendes“ etwas verloren hatte und dass unser Leben seine Wirklichkeit zu jenem Fleck verschoben hat, an dem wir uns eigentlich für „nur vorübergehende Besucher“ hielten.

 

Wir fühlten uns ein wenig heimatlos zwischen zwei Ländern, von denen wir auf eine gewisse Weise keines mehr haben – oder sicher keines mehr in seiner Vollständigkeit!

 

Irgendwie steckt in diesen 11/2 Jahren, trotz all seinen neuen Eindrücken und Erfahrungen,  schliesslich doch auch eine Art Leere und es ist nicht gut, wenn man zu viele Tage an einem fremden Strand verbringt....

 

Und somit, kaum zurück in Japan, entschlossen wir uns, unsere Pläne in Angriff zu nehmen, bald möglichst wieder in unsere wirkliche Heimat zurückzukehren...

 

18 Monate Japan waren das angestrebte Ziel - 16 Monate Japan werden es nun sein.

 

Dabei hatte ich in Monika den besten Partner, den man sich wünschen kann, um solch ein Abenteuer zu meistern, nicht aber in der Firma. Von einem Partner kann hier nicht die Rede sein - aber die Firma habe ich ja schliesslich auch nicht geheiratet...

 

Meine Nachfolgerin für meinen momentanen Job in Japan habe ich bereits gefunden.

 

Sie hat per 1. März bei mir angefangen, was uns, nach ihrer zweimonatigen Einführungszeit, erlaubt, das Land bereits per Ende Mai zu verlassen und per Anfangs Juni unsere neuen, noch zu definierenden Jobs zu beginnen.


So gilt es nun die restliche Zeit optimal auszunutzen.

 

Wir haben bereits einige Pläne, was wir noch alles machen wollen -  aber das erstaunt wohl niemanden mehr....

Unser Winter in Japan

 

Gestartet haben wir am einem Sonntag im Januar mit einem Sumo-Turnier.

Für alle, die noch nie einen Sumo Wettkampf gesehen haben, hier kurz die Regeln:

Zwei wirklich mächtige Sumokämpfer – meist Japaner – welche gute 150 Kilo auf die Waage bringen, prallen in einem sandbedeckten und durch ein dickes Strohseil abgesteckten Kreis mit der Geschwindigkeit eines Shinkansen aufeinander mit dem Ziel, den Gegner aus diesem Kreis zu drängen oder den Gegner derart zu bedrängen, dass irgend ein anderer Körperteil, als seine Fusssohlen, den Boden berührt.

Bevor die Sumotori aber den Kreis betreten, werfen sie zur Reinigung dessen, etwas Salz in die Mitte (eine Bitte an alle Hausfrauen/-männer nicht nachmachen, Man(n) staubsaugt nachher umso mehr....), und absolvieren  gewisse Drohgebärden, wie Klatschen auf die Oberschenkel oder den Brustbereich, sowie Stampfen auf den Boden, die den Gegner erschrecken sollen, wohl aber eher etwas Stretching sein sollte.....

Ihr seht, die Grundregeln sind dermassen einfach, dass man auch als Ausländer schnell versteht, um was es da geht....

Im Detail aber seien natürlich hunderte von Ausführungen, Regeln und Ausnahmen zu beachten, wie halt so üblich in Japan, welche von uns Aussenstehenden nicht recht verstanden werden und mit denen wir euch aber auch verschonen wollen! Denn auch wir begnügten uns mit dem offensichtlichen „wer hat gewonnen“ und weniger mit dem nicht so sichtlichen „wie hat er denn nun gewonnen“.

Übrigens: Ein einzelner Kampf geht jeweils nur ein paar Sekunden, das Turnier selbst aber geht von 8 Uhr morgens bis 18 Uhr abends – zum Glück darf man beim Zuschauen Essen und Trinken. Wir beschränkten uns auf das Hauptturnier, welches von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr ging, und auf eine Dose Bier.

Doch ich muss gestehen, gut beladen mit Vorurteilen und in der Meinung, dass ich eine solche Veranstaltung ganz sicher niemals anschauen werde, wurde ich von Monika überzeugt, dass man es wenigstens einmal sehen müsste, und.... es war gar nicht einmal so übel....

 

Bevor wir Ende Januar zu einer weiteren Japan-Reise aufbrechen konnten, mussten Monika und ich noch die Japanischen Fahrausweise beantragen, da nach einem Jahr Aufenthalt hier unsere internationalen Ausweise nicht mehr anerkannt werden.

Das Prozedere sei relativ einfach: einen halben Tag auf dem Strassenverkehrsamt und ... schon sei man im Besitz des Japanischen Fahrausweis.....so sagte man es mir auf jeden Fall....

Doch ich stolperte fast über den Sehtest und sah mich schon als einzigen Autostopper Japans....

Wir hatten zwar für diesen halben Tag extra eine Übersetzerin mit uns, die uns helfen sollte die Tücken des japanischen Systems zu überwinden… doch beim Sehtest war ich ganz alleine auf mich angewiesen...

Ich musste in einen Kasten rein schauen und es hiess zuvor: „Bitte deuten Sie in die Richtung, in die der Pfeil zeigt, den Sie gleich im Kasten sehen werden mit Ihrer rechten Hand.“

Das klappte leidlich...Ich habe auch nicht unterlassen, dabei „rechts“ und „links“ auf japanisch zu sagen, wollte ich doch klar machen, dass ich schon ein halber Japaner bin, dem ein japanischer Führerausweis ja schon fast wie die Luft zum Atmen zustand...

Doch hoppla, dann kamen Farben dazu und meine Übersetzerin hatte mir zuvor nicht gesagt, wie ich diese Farben mit meiner rechten Hand andeuten sollte…und wie ihr wisst, hatte ich ja schon mal ein Dilemma mit den Farben (ihr erinnert euch sicher noch an den Kauf des roten Radios...J).

Also dann mal los: „red, akka“…das wusste ich doch noch vom Rotwein…und dann „yellow“ und ich schaute den diensthabenden Japaner an und fügte hinzu „yellow, like yellow, you know ?“ und ein klares „hm“  seinerseits zeigte mir an, dass ich wohl in den nächsten Minuten stolzer Besitzer eines Japanischen Führerausweises sein werde.... Und dann geschah das unvermeidliche: die Farbe blau kam, und ich sagte „blue“ und ein langezogenes „ohhhh“ signalisierte mir, dass ich jetzt besser meine Stresshormone aktiviere und nochmals gründlicher nachdenke. Ich schaute nochmals hin, und sagte dann klar und deutlich „hai, blue desu“ und grinste dazu, denn wer beherrscht schon zwei Sprachen in einem Satz mit ganzen drei Wörtern? Nun, mein Grinsen wurde nicht reflektiert und ich durfte nochmals von vorne anfangen….und als ich wieder bei blau war, da kamen mir die Strassenampeln in Japan in den Sinn: da fahren immer alle Fahrzeuge bei einer Farbe, die wir eher für blau als für grün halten…also warum nicht „aaaahhh, green desu ne“ und kaum gesagt, hörte ich ein erlösendes „hai, so desu ne“ „ja, richtig, so ist’s“..... 

Und dann waren wir beide bewaffnet mit für uns nicht lesbaren Ausweisen, auf dem bei meinem wohl der Zusatz steht: „bei Einsteigen in falsche Autos, ist sich nicht sicher bei Farben und macht es nicht mit Absicht“....

Ende Januar flogen wir dann wohlverdient von Tokyo nach Hokkaido, die letzte im Norden gelegene Japanische Insel vor den umstrittenen Kurilen (übrigens sind die Kurilen ein Dauer-Streitpunkt zwischen Japan und Russland und haben seit dem zweiten Weltkrieg bis zum heutigen Tage einen offiziellen Friedensvertrag zwischen

den beiden Ländern verhindert!!).

Nach einem kurzen Flug von 90 Minuten in einem umgebauten "all economy Jumbojet 747“, den man extra mittels verkleinerten Tanks vom Langstreckenflugzeug zum Kurzstrecken-Grossraumflugzeug umgebaut hatte und der nicht, wie üblich, nach 360 Metern in die Luft abhebt, sondern bereits schon nach 200 Metern vom Boden weg ist (so was gibt es nur in Japan!!), landeten wir im Tiefschnee (nicht sprichwörtlich!) und eine Märchen-Landschaft empfing uns!!

Wir sind dann vier Tage Ski gefahren im wohl wirklich besten Pulver-Schnee der Welt und genossen die landschaftliche Umgebung, welche doch ganz anders ist als jene der Schweiz: Der Berg war nämlich ein Vulkan – und somit nur 1'350 Meter hoch, also eher ein Hügel und er war nicht mit Tannen, sondern mit Laubbäumen bewachsen ....doch es war trotzdem einfach genial!

 

Von dort fuhren wir dann per Bus nach Sapporo, zum weltberühmten Schneefestival und trafen unsere Freunde Paul und Melanie. Das Erlebnis war o.k. aber auch nicht mehr, die meisten Schneeskulpturen waren uns zu kommerziell (wie z.B. das Walt Disney-Schloss).

Was aber wirklich schön war, war unser Abenteuer danach.

Wir fuhren im Zug in knapp 7 Stunden quer über die Insel in den Norden nach Abashiri.

Die Zugsreise schien uns endlos, durch endlos verschneite Landschaften und tief eingeschneiten Dörfern - endlos - aber keinen Moment langweilig, weil es Bilderbuchwetter war!

In Abashiri angekommen ging’s noch am gleichen Tag auf einen Eisbrecher – nur da war kein Eis!

 

Abashiri ist bekannt, für seine Tagesausfahrten auf dem Meer, wobei sich die Schiffe ihren Weg durch das Drift-Eis bahnen, welches von den - eben - umstrittenen Kurilen kommt.

Wir hielten die Luft an, beim Verlassen des Hafens, denn was soll eine Eisbrecherfahrt ohne Eisbrechen? Bewaffnet mit Kamera, Teleobjektiv und Feldstecher (ja, so sind wir) hingen wir über der Reling - und endlich - am Horizont ging das Meer nicht über in den Himmel, sondern es war durch eine weisse Linie getrennt. „Aha, das wird's wohl sein“, dachten wir. Nur eben, dies war eine 1 1/2 stündige Fahrt und wir fragten uns besorgt: „wie weit weg ist denn das Eis dort hinten?“

Doch wir haben es erreicht. Knirschend pflügten wir uns den Weg durch die (noch) relativ dünnen Eisplatten. Irgend ein Engel für Reisende hatte uns genau eine Robbe und genau einen Seeadler so auf eine Eisplatte gezaubert, dass wir es Fototechnisch für Euch festhalten konnten - wir waren vollauf zufrieden und nach 1 1/2 Stunden total verfroren.

Die vielen wilde Tiere, welche wir in den kommenden Tagen, als wir unseren Weg mit dem Auto durch den Schnee pflügten, beobachten konnten, machten diese Reise zu etwas wirklich Besonderen. Auf Japans Hauptinsel Honshu sieht man kaum andere frei lebende Tiere als Affen.

Auf Hokkaido sahen wir aber Rehe, Hirsche, Füchse, Seeadler und die berühmten, tanzenden Japanischen Kraniche. Die angehängte Fotoauswahl ist aus 300 Bildern entstanden, welche wiederum in 3 Stunden im kalten Winter Hokkaidos aufgenommen wurden - ja, es war schooooeeeennn kalt!!!

Was wir nicht alles für Euch tun.....zum Glück gibt es hier Onsen...!

Apropos Affen im Onsen: Ein Wochenende-Trip führte uns dann nochmals zu den im heissen Onsen badenden Affen in den Japanischen Alpen. Wir haben diesen Ort ja bereits schon 3-mal besucht, viele mögen sich daran erinnern. Aber wenn man dann die Chance hat, diese Affen in einer heissen Thermalquelle, nun umgeben von einer wunderschönen Winterlandschaft, sitzen zu sehen, dann muss man (Hagi’s) auch ein viertes Mal hin!

Monika kombinierte diese Reise genial mit den alten Riethäusern, welche nachts beleuchtet sind und der Übernachtung in einem Ryokan, in dem wir die Vorhänge zuziehen mussten, um wegen der schlechten Isolation (Einfach-Verglasung mit Luft-Ritzen zwischen den Fenstern) nicht zu erfrieren...(es war übrigens ein 3*Ryokan!!).

 

Auf derselben Reise hatten wir dann aber noch das Glück ein seltenes Exemplar der japanischen Sereuse zu sehen. (Keine Angst, ich wusste vorher auch nicht, was das ist....)

Japan im Winter

 

„Und wie geht's denn den Japanern?“ 

 

Wir werden am Telefon sehr häufig gefragt, ob die schlechte Wirtschaftssituation die Japaner gleich betreffe, wie z.B. die Amerikaner.

„Nein“ ist dann unsere Antwort „nicht gleich, sondern ganz, ganz brutal schlimmer!“

„Warum denn das?“  

 

Hier zur Antwort ein paar Fakten:

 

Das Bruttoinlandprodukt sank im vierten Quartal 2008 im Jahresvergleich um 12.7%!

Zum Vergleich: In den USA betrug das entsprechende Minus 3.8% und in der Eurozone 1.2%.

Also sank es hier 3-mal mehr als in Amerika resp. 10-mal mehr als in der Eurozone!!!!

Der Export in Japan ist in den vergangenen 12 Monaten um 45% zurückgegangen...nicht zu vergessen, dass der Japanische Yen in dieser Zeit um 30% zum US Dollar / Euro und dem Schweizerfranken gestiegen ist.

Im Klartext heisst dies für die Exporteure Japans, dass die restlichen 55%, welche noch verkauft wurden, quasi zu den Herstellungskosten abgegeben wurden!!

Mit den in Japan daraus resultierenden und erwarteten 400'000 Entlassungen bis im März, fehlt uns aber schlicht die Fantasie, was in diesem Land in den nächsten 6 Monaten passieren wird. Denn den Arbeitsplatz in Japan zu verlieren, kann auch heissen die eigene Wohnung zu verlieren, da viele Mitarbeiter in firmeneigenen Wohnblocks wohnen.

Und jetzt kommt's ganz dick: 34.5% von den 55.3 Millionen Angestellten in Japan sind Teilzeit- oder Temporärangestellte. So zum Beispiel sind 30% aller Toyota-Mitarbeitern nur temporär angestellt und tauchen nun in den Entlassungszahlen gar nicht auf, da einfach ihre Verträge nicht erneuert wurden! Japan hat übrigens die höchste Anzahl temporärer Mitarbeiter weltweit. Dies weil ein Gesetz, nach der letzten Depression in Japan, geändert wurde, um den Unternehmen mit Hilfe eben dieser Temporärverträge eine Vereinfachung im Einstellen und Entlassen von Mitarbeitern geschaffen wurde....

Diese Angestellten haben dann auch noch sehr schlechte Sozialleistungen und keinen Anspruch auf Arbeitslosenversicherung. Arbeitslos heisst somit in Japan häufig auch Obdachlos.

Die Zahl der Obdachlose hat sich hier in Japan bereits seit einem Jahr verdoppelt!

Und da die meistgeführteste Haushalt-Art in den Grossstädten Japans der Singlehaushalt ist - wird hier zur Hilfe wohl auch nicht die Familie einspringen können.....

Der Crash der 90ger Jahre in Japan war ein Spaziergang im Vergleich zu dem, was jetzt vor der Haustüre steht.

 

Doch wie reagiert Japan auf diese Ereignisse?

 

Es scheint uns gar nicht, denn die Japanische Wirtschaft sieht das hilfloseste Hilfsprogramm aller Industrienationen.

Der Finanzminister spricht scheinbar betrunken am G7 Gipfel in Rom und tritt am nächsten Tag zurück, nachdem sich weltweit Reporter über ihn lustig gemacht haben „man sollte wohl meinen, dass so eine Länderkriese das Einschlafen eines Finanzministers verhindern sollte".  (Im Anhang „Five Reasons for Japan’s Leaders to Get Drunk“ von William Pesek, Bloomberg)

Das war übrigens bereits der 4te Finanzminister in zwei Jahren - es geht aber noch schlimmer: während den Amtszeiten von Clinton und Bush hat Japan 13 Premierminister gesehen...und ich dachte immer, die Italiener halten diesen traurigen Rekord. (Für alle politisch interessierten eine Frage: „Nennt bitte mindestens von Dreien dieser Premierminister die Namen“).

 

Das Out-of-the-box Denken, das Re-agieren in ungewohnten Situationen, das hat der Japaner halt einfach nicht gelernt. Und daran ist deren Schulsystem nicht ganz unschuldig.

Unterrichtsarten können weltweit allgemein in zwei Stilrichtungen eingeteilt werden:

  1. Socrates Wertvorstellung
  2. Konfuzius Wertvorstellung

In Ersteren herrscht ein Geben und Nehmen von Informationen zwischen Lehrern und Schülern. Es ist ein Austausch-System. Gelehrtes wird und darf sogar hinterfragt werden.

Das ist definitiv nicht das, was die Schulen hier in Japan fördern.

In Zweiteren, dem Konfuzius-Stil, gehen Informationen nur in eine Richtung nämlich vom Lehrer zum Schüler. Der Lehrer ist alleine verantwortlich und  Respekt ist das Einzige, was zu ihm zurück fliesst (auch nicht ganz falsch, wenn ich an meine Schulzeit in der Schweiz zurückdenke). Dieses Ausbildungssystem prägt ganz Japan. Und aus diesem Grunde sind hier zum Beispiel auch die Englisch Sprachkenntnisse katastrophal, denn „Einweg-Englischunterricht“ funktioniert einfach nicht!

Das Volk hat hier einen überaus grossen Sinn für Respekt. Respekt vor dem Alter, Respekt vor Hierarchien und es beweist seine Loyalität jeden Tag bis zum Letzten.

Aber die bekannten Leitsätze wie „jeder ist (für sein Tun und Lassen) verantwortlich“ und „jeder muss mitdenken“, die gibt es hier nicht! Aus diesem Grunde sagen die Durchsagen in den U-Bahnen auch bei regnerischen Tagen, man soll den Regenschirm nicht in der U-Bahn vergessen oder man soll beim Aussteigen nicht umfallen oder jede Rolltreppe warnt uns, dass wir sie jetzt betreten und wir uns festhalten sollen, oder auch die Lifttüren sprechen mit uns und sagen uns, dass sich die Türen jetzt öffnen oder schliessen und wir deshalb aufpassen sollen....

Die gute Seite wiederum ist, dass die Menschen hier dann auch tun, was man ihnen sagt.

Das macht den Alltag auch in einer 30 Millionen-Stadt durchaus erträglich.

 

Nun, wie auch immer. Wir geniessen die uns noch verbleibende restliche Zeit.

 

Mein Japanisch ist unterdessen wirklich schon so gut, dass ich  z.B. letzte Woche in perfektem Japanisch ein „kleines“ Menü in einem Restaurant bestellen konnte.

Die Kellnerin hatte sich zwar alle Mühe gegeben, mir beizubringen, dass ich auf dem besten Wege war, eine für uns alle unheimlich peinliche Situation zu kreieren indem ich ein „kleines“ Menü für mich als erwachsenen Mann bestellen würde, aber ich wischte ihre Bedenken vom Tisch.

Sie sprach auf mich ein, als würde ich seit hundert Jahren in Japan leben, und ich verstand pro 3 Minuten immer dasselbe Wort, welches ich somit zum Kern-Wort der Unterhaltung machte: „klein“. Ein kleines Menü für ein Mittagessen, warum denn nicht, auch der Preis deutete in diese Richtung. Ich bestätigte auf Japanisch, dass dies gerade richtig sei für mich und für heute.

Mir wurde dann erklärt, dass dieses Menü mit einem Apfelsaft kommt, - nein, es schellten keine Alarmglocken bei mir - und auch dass ich ein kleines Dessert dazu erhalten sollte, empfand ich als wundervolle Idee und die Vorfreude packte mich.

Wirklich bedauerlich sah die Wirtin erst aus, als ich sagte, dass das mit dem Apfelsaft ok sei, aber sie solle mir doch bitte noch ein Bier dazu bringen….

 

Am Nachbartisch sassen zwei Kinder, als ich mein Kindermenu erhielt.

Ich konnte deren Unterhaltung - und wollte deren Blicke – nicht verstehen, aber wahrscheinlich wollen sie in Zukunft auch eine Flasche Bier mit ihrem Kindermenu....

 

Ausländer sind einfach peinlich….

 

Mit liebsten Grüssen aus dem kalten Japan

 

Daniel und Monika